Weiterbildung Rechtspsychologie

Weiterbildung zum/zur Fachpsycholog:in für Rechtspsychologie BDP/DGPs

1. Wichtige Fakten

Die Ausbildung zum/zur Fachpsycholog:in für Rechtspsychologie wird von der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen (Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP)) organisiert. Sie richtet sich an Psycholog:innen mit Diplom- oder Masterabschluss, die bereits Praxiserfahrungen mit psychologischen Tätigkeiten im Rechtssystem haben und sich weiter qualifizieren möchten, um

  • rechtspsychologisch-sachverständige Tätigkeiten für Gerichte, Staatsanwaltschaften, Justizministerien durchzuführen (z.B. in Fragestellungen der Schuldfähigkeit, Glaubhaftigkeit oder des Familienrechts)
  • in Einrichtungen des Straf- und Maßregelvollzugs tätig zu sein (und dort z.B. Gefährlichkeitsprognosen abzugeben)
  • rechtspsychologisch-diagnostische Tätigkeiten durchzuführen

Die Weiterbildung findet in der Regel berufsbegleitend über drei Jahre statt.

Zertifizierte Fachpsycholog:innen für Rechtspsychologie können sich in das sogenannte Rechtspsychologenregister eintragen lassen. Dieses Register steht Richter:innen, Rechts- und Staatsanwält:innen zur Verfügung, die auf rechtspsychologische Expertise zurück greifen möchten.

2. Wie wird man Fachpsycholog:in für Rechtspsychologie?

Teilnehmer:innen, die über einen Masterabschluss mit psychologischen Inhalten im Umfang von mindestens 240 ECTS verfügen, können sich eigenständig bei den Anbietern von für die Weiterbildung akkreditierten Seminaren anmelden (z. B. beim Zentrum für wissenschaftlich-psychologische Dienstleistungen der DGPs).

Es ist auch möglich, an einer Hochschule einen berufsbegleitenden Masterstudiengang in Rechtspsychologie zu belegen. Dieser muss jedoch zuvor von der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen anerkannt worden sein. Dies gilt derzeit (Stand März 2016) lediglich für die rechtspsychologisch spezialisierten Masterstudiengänge der Psychologischen Hochschule Berlin und der Rheinisch-Westfälischen Universität Bonn.

Haben Teilnehmer:innen alle Ausbildungsinhalte absolviert, melden sie sich zur mündlichen Prüfung an, in der sie drei eigene forensisch-psychologische Gutachten vorstellen (praktischer Teil) und bezüglich ihres Fachwissens geprüft werden (theoretischer Teil). Nach bestandener Prüfung wird der Abschluss der Weiterbildung durch ein Zertifikat beurkundet.

3. Inhalte der Weiterbildung zum/zur Rechtspsycholog:in

Die Weiterbildung umfasst insgesamt 400 Unterrichtseinheiten von je 45 Minuten. Davon sind mindestens 240 Unterrichtseinheiten für die Vermittlung theoretischer Inhalte in Seminaren und mindestens 120 Unterrichtseinheiten für die Teilnahme an einem supervidierten Fachteam vorgesehen. Innerhalb des Fachteams stellen Teilnehmer:innen mindestens zehn selbst bearbeitete Gutachtenfälle vor. Zur Vorbereitung der Prüfungsgutachten nehmen alle Teilnehmer:innen zudem mindestens 30 Stunden Einzelsupervision in Anspruch.
In den Theorieseminaren werden folgende Themen vermittelt:

  • Rechtliche Grundlagen: Gesetzgebung und Institutionen der Rechtspflege; rechtspsychologisch relevantes materielles Recht und Verfahrensrecht; Grundzüge des Beweisrechts; Aufgabe und Stellung des Sachverständigen im Gerichtsverfahren.
  • Empirisch-psychologische Grundlagen: Kriminalität und dissoziales Verhalten; Kriminalprävention; psychologische Grundlagen der Kindeswohlgefährdung; Folgen von Scheidung und Trennung für Kinder; Psychologie richterlicher Urteilsbildung; Polizeipsychologie; Fairnesserleben im Gericht; Kriminalitätswahrnehmung und Kriminalitätsfurcht; außergerichtliche Konfliktlösung.
  • Grundlagen relevanter Nachbarfächer: Forensische Psychiatrie; Entwicklungspsychopathologie; Kriminologie; Kinder-und Jugendpsychiatrie.
  • Praxisgrundlagen: Verfassen rechtspsychologischer Gutachten und Stellungnahmen; mündliche Gutachtenerstattung vor Gericht; Abrechnung rechtspsychologischer Gutachten.
  • Gesellschaftliche und ethische Grundlagen: psychosoziale Versorgung und Nachsorge entlassener Rechtsbrecher:innen; Kriminalität, Öffentlichkeit und Massenmedien; Verhältnis von Kinderschutz und elterlichen Rechten; ethische Aspekte der Rechtspsychologie.
  • Sachverständige Beurteilung des Täters im strafrechtlichen Hauptverfahren: strafrechtliche Schuldfähigkeit bei psychischer Störung; strafrechtliche Entwicklungsreife jugendlicher und heranwachsender Täter:innen; schädliche Neigungen Jugendlicher; Beurteilung der Voraussetzung einer Maßregelunterbringung; Verhandlungsfähigkeit.
  • Sachverständige Beurteilung des Täters im strafrechtlichen Vollstreckungsverfahren: Kriminalprognose bei vorzeitiger Bewährungsentlassung; Voraussetzung der Maßregelunterbringung im Vollzugsverlauf; Fragen des Risikomanagements nach Vollzugsentlassung; Haftfähigkeit.
  • Psychologische Tätigkeit im Straf-und Maßregelvollzug: Eingangsdiagnostik und Vollzugsplanung; Lockerungseignung und Missbrauchsprognose; Indikations-und Verlaufsdiagnostik bei therapeutischen Behandlungsmaßnahmen; therapeutische Behandlung von Rechtsbrecher:innen; Krisenintervention.
  • Aussagepsychologische Fragestellungen: Aussagefähigkeit von Zeug:innen; Realitätsgehalt von Zeugenaussagen; suggestive Beeinflussung von Zeug:innen.
  • Familienrechtliche Fragestellungen bei Trennung und Scheidung: Sorge- und Umgangsrecht; Erziehungsfähigkeit; Mediation im Familienrecht.
  • Andere familienrechtliche Fragestellungen: Kindeswohlgefährdung: Fragestellungen bei Ausfall der Eltern oder eines Elternteils, u.a. Adoption; freiheitsentziehende Unterbringung von Minderjährigen
  • Sonstige rechtliche Fragestellungen: Deliktsfähigkeit, Haftung und Verantwortung; Geschäftsfähigkeit; Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit; betreuungsrechtliche Fragestellungen und Einrichtung von Betreuungen; waffenrechtliche Fragestellungen; Widerstandsfähigkeit; Zustimmung zur Sterilisation; Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz.

4. Weiterführende Links